Im Frühsommer 2013 reisten wir für eine Woche nach Finnland.
Wir wollten unbedingt wieder raus in die Wildnis, diesmal aber nicht zu
Fuss sondern mit dem Kanu. Unsere dreitägige Kanutour
in Norwegen 2012 hatte uns so gut gefallen, dass wir diesmal eine längere
Tour unternehmen wollten.
Der Saimaa See eignet sich hervorragend für eine solche Unternehmung: Der riesige
See ist ein Labyrinth aus Inseln und Buchten. Diese sind nicht nur spannend
zum Erkunden, sondern geben auch die Möglichkeit sich bei Wind auf der
Leeseite (im Windschutz) der Inseln vorwärtszubewegen - sehr wichtig für Touren
mit dem Kanadier!
Der erste Tag war anstrengend: Mit dem Flugzeug nach Helsinki, mit dem Zug nach Mikkeli und anschliessend mit dem Bus raus zum Dörfchen Anttola. Von dort aus ging's zu Fuss weiter zum Campingplatz am See, wo wir unser Mietkanu und die Gasflaschen für den Kocher entgegennahmen. Wir waren fast ein wenig überrascht, dass tatsächlich ein Finne beim einsam und verlassen aussehenden Schuppen der Kanustation auftauchte und uns ein Kanu überreichte.
Schon am Anreisetag paddelten wir nun zur ersten Insel, wir wollten so viele Zeltnächte wie möglich in die kurzen Ferien packen! Auch der heftige Regen hielt uns nicht davon ab.
Bereits die erste Zeltnacht ist eine Herausforderung für unser neues Zelt: Hohes Gras und prasselnder Regen! Trotz den winzigen Dimensionen des Zelts (ein Echo 2 Ultralight von HMG) genossen wir aber einen angenehmen, trockenen Schlaf.
Am zweiten Paddeltag verbesserte sich das Wetter zu unserer Freude wesentlich. Wir paddelten entlang vieler kleiner bewaldeten Inseln.
Leider ging die Wetterverbesserung einher mit einem stark auffrischenden Wind.
Wer schon einmal einen Kanadier fuhr weiss, wie ungeeignet diese Boote
im Wind sind! Eigentlich sind nur vier Fahrtrichtungen möglich: Direkt
in den Wind, mit dem Wind und jeweils 90° dazu. Wobei man quer zum Wind aufpassen
muss, nicht durch die Wellen aus dem Boot gekippt zu werden.
Dank der Inseln kamen wir aber dennoch gut voran: Wir wählten immer eine
Route, die möglichst nahe an der Leeseite der Inseln vorbeiführte
und nur kurz über grössere offene Seeflächen querte.
Abends suchten wir uns eine der Inseln als Nachtlager aus. Auf einer kleinen Anhöhe, zwischen den hier überall wachsenden Flechten und Moosen, stellten wir unser kleines Zeltchen auf. Besonders im Abendlicht leuchten die Rentierflechten jeweils goldig auf.
Nchdem wir unser Wasser jahrelang mit einem Katadyn Filter gereinigt hatten, probierten wir auf dieser Fahrt etwas Neues aus: Den Platypus Gravity. Bei diesem Filter muss man nicht wie ein Ochse pumpen, sondern hält nur den Sack mit dem dreckigen Wasser in die Höhe - eindeutig eine Verbesserung!
Die Seenlandschaft zu navigieren ist eine ziemlich anspruchsvolle Aufgabe: Grundsätzlich sieht man immer nur bewaldete Inseln. Wir orientierten uns hauptsächlich mit dem Kompass und anhand der Form der Inseln. Nur wenn wir komplett unsicher waren nahmen wir das Navi zur Hand.
Heute übernachteten wir auf einer Insel, welche komplett mit niedrigen
Sträuchern bewachsen war. Wir stellten unser Zelt direkt auf die Sträucher drauf
- eine sehr weiche Matraze!
Die Sträucher hatten aber nicht nur Vorteile: Wir mussten ungeheuer
aufpassen, nichts im Dickicht zu verlieren. Peter verlor dann auch prompt
sein Etui mit den Grauverlaufsfiltern. Erst nach einer halbstündigen
Suchaktion konnten wir das schwarze Etui wieder finden! Die Lehre draus:
Alles sollte immer in leuchtend bunten Säcken verstaut sein.
Ein besonders grosser Vorteil des Kanufahrens ist, dass wir nicht so sehr auf's Gewicht achten müssen. So können wir zu den Spaghetti sogar noch frisches Gemüse mitnehmen! Ausserdem ist das Kochen in der grossen Pfanne wesentlich einfacher.
Allmählich wurden die Woken dichter und dichter. Der Wind frischte immer mehr auf - bis das Unwetter über uns einbrach. Zuerst versuchten wir, den Regen in einem kleinen Tunnel zwischen zwei Seen abzuwarten. Als der Regen aber nicht nachlassen wollte, packten wir uns von Kopf bis Fuss in Regenzeug ein und paddelten weiter.
Wir waren immer wieder froh um die kleinen Abmessungen unseres Zeltchens. Wir konnten es problemlos auf den kleinen flachen Flecken zwischen den vielen Bäumen aufstellen.
Rechtzeitig zum Sonnenuntergang öffneten sich immer grössere Lücken zwischen den Wolken. Wir konnten aus dem Zelt hinaus dem Sonnenuntergang zuschauen.
Ein gemütliches Zmorge gehört für uns zu jeder Wildnistour dazu. Es gibt immer feines Knuspermüesli mit Milch. Wobei wir wenn immer möglich Vollmilchpulver für die Milch verwenden - schmeckt einfach viel besser als entfettetes! Natürlich darf auch der Kaffee nicht fehlen.
Aussichtspunkte besuchen wir immer gerne. Die Weite der Seenlandschaft wirkt noch viel eindrücklicher, wenn man den ganzen Weg gepaddelt ist! Ausserdem tut es gut, die Beine zu vertreten.
Hier in Finnland leben natürlich unzählige kleine Blutsauger.
Da wären zum Beispiel die normalen Moskitos wie wir sie auch bei uns kennen.
Dazu kommen aber auch die winzigen No-See-Ums (zu Deutsch: die, die man
nicht sieht, ist ein Kanadischer Ausdruck). Diese winzigen Insekten
schwirren in grossen Wolken vor allem um Daniela's Kopf. Da sie ihr Blut
so viel lieber trinken, ist Peter jeweils gut geschützt.
Naturgemäss sind nur sumpfige Inseln von Mücken befallen. Heute
sind wir kurz an einer solchen angelandet. Der Zeltplatz wäre
sehr schön gewesen, die Schwärme von Mücken trieben uns aber
sofort wieder zurück ins Boot. Wir fanden etwas später eine
schöne, mückenfreie Insel mit grandioser Aussicht.
Es ist kein Gerücht, sondern harte Tatsache, dass jeder Finne eine Sauna besitzt. Wir fahren am Saimaa-See vorbei an unzähligen im Uferwald versteckten kleinen Ferienhäuschen. Alle dieser Häuschen haben zusätzlich ein kleines Saunahäuschen mit dazugehörigem Steg - so kann man nach dem Saunieren direkt ins Wasser springen!
Nach sechs Tagen paddeln sind wir schon wieder fast zurück zum Ausgangspunkt. Heute können wir noch ein letztes mal in unserem gemütlichen Zeltchen auf einer einsamen Insel übernachten, morgen geht's wieder zurück in die Zivilisation.